Snowed In With You 1/2
Madison war gerade dabei, die Thermoskanne mit ihrem berühmt-berüchtigten Apfelpunsch zu füllen, als ein rhythmisches Klopfen an der Tür sie aus ihren Gedanken riss. Sie warf einen Blick auf die Uhr – 8:30 Uhr, auf die Minute pünktlich. „Ein Held ist nie zu früh und niemals zu spät. Er kommt genau dann, wenn er es beabsichtigt,“ murmelte sie mit einem Lächeln, während sie den Deckel auf die Thermoskanne schraubte.
Als sie die Tür öffnete, lehnte Chris mit einem überdimensional breiten Grinsen gegen den Türrahmen. Die Schneeflocken auf seinen Schultern bildeten einen perfekten Kontrast zu seiner dunklen Jacke. „Ich habe gehört, dass ich heute den Titel Snack Sherpa des Jahres gewinnen kann,“ begann er mit einem Augenzwinkern. „Was muss ich tun, um sicherzustellen, dass ich diesen prestigeträchtigen Preis bekomme?“
Madison stemmte eine Hand in die Hüfte, die andere deutete auf die zwei prall gefüllten Taschen im Flur. „Du kannst damit anfangen, diese Taschen zu tragen. Ohne zu jammern.“
Chris zog eine Augenbraue hoch und musterte die Taschen. „Oh, das ist alles? Ich hatte mit einem Schneewettlauf oder einer Heldenprüfung gerechnet. Das hier ist ein Spaziergang im Park.“ Er griff nach einer der Taschen, doch sein Blick blieb an der glänzenden Thermoskanne hängen. „Ist das der legendäre Punch, von dem du gesprochen hast?“
„Berühmt-berüchtigt,“ korrigierte Madison und hob die Thermoskanne hoch, als wäre sie ein kostbares Artefakt. „Wenn du Zimt und Muskat nicht magst, bist du verloren.“
Ein leichter Schneefall hatte begonnen, als die beiden langsam das Cottage verließen. Die Stille der winterlichen Landschaft wurde nur vom Knirschen der Schritte auf dem frischen Schnee unterbrochen. Chris half dabei, die Taschen ins Auto zu laden, während Madison sich hinter das Steuer setzte.
„Also, was hast du dir vorgenommen, jetzt, wo wir 20 cm Neuschnee haben und Wandern heute ausfällt wegen zu viel Schnee?“ Chris zog die Autotür zu und klopfte sich den Schnee von den Stiefeln, bevor er ein neugieriges Auge auf Madison warf.
Madison grinste und startete den Wagen. „Wandern fällt natürlich aus, aber das bedeutet nicht, dass wir den Tag nicht nutzen können…“
Die Straße führte sie aus dem kleinen Dorf hinaus, entlang verschneiter Felder und Wälder. Chris, der normalerweise jede Gelegenheit nutzte, Madison mit einem Kommentar zu necken, saß ausnahmsweise still da und ließ die schneebedeckte Landschaft auf sich wirken. Nach etwa zwanzig Minuten bog Madison auf einen schmalen, unbefestigten Weg ein, der zwischen dichten Tannen hindurchführte.
„Ich wusste gar nicht, dass es auf dieser Ecke so viele versteckte Wege gibt,“ murmelte Chris und lehnte sich vor, um besser aus dem Fenster sehen zu können.
„Das ist der Vorteil, wenn man die Gegend kennt, HashtagMaineMan“ lachte Madison und spielte auf Chris‘ Beschreibung auf seinem Instagram Profil an, wo „Maine Insider“ steht. Schließlich hielt sie vor einer kleinen, rustikalen Hütte, deren Schornstein einladend Rauch ausstieß. Die Hütte war umgeben von schneebedeckten Bäumen und wirkte wie aus einem Wintermärchen.
„Was… ist das hier?“ Chris stieg aus und ließ den Blick über die Szene schweifen. „Hast du hier ein geheimes Versteck? Oder wohnst du heimlich in einem Weihnachtsfilm?“
Madison lachte, während sie die Taschen aus dem Kofferraum zog. „Tja, nicht nur du hast Kontakte Chris. Die Hütte gehört einem alten Freund der Familie. Ich darf sie nutzen, wann immer ich will. Und heute will ich.“
Chris folgte ihr zur Tür, die sie mit einem altmodischen Schlüssel öffnete. Drinnen war es warm und gemütlich, mit einem knisternden Kamin, einem großen Sessel aus Leder und einer einfachen Holzküche. Ein kleiner Weihnachtsbaum in der Ecke war mit handgemachtem Schmuck dekoriert, und der Duft von Tannenharz hing in der Luft.
„Wow,“ sagte Chris schließlich. „Das ist wirklich… weihnachtlich.“
„Warte, bis du siehst, was ich mitgebracht habe.“ Madison stellte die Thermoskanne auf den rustikalen Holztisch und begann, aus einer Tasche eine Packung selbstgemachte Kekse und ein Brettspiel hervorzuholen. „Ich dachte mir, wir könnten es uns hier gemütlich machen.“
Chris zog skeptisch eine Augenbraue hoch, konnte sich aber ein Schmunzeln nicht verkneifen. „Ein Brettspiel? Sag bloß, du bist so eine von denen, die Leute bei Monopoly zerstören.“
Madison grinste breit, während sie die Kekse in eine rustikale Holzschale füllte. „Ich sag nur: Häuser auf der Boardwalk. Aber keine Sorge, heute habe ich was Friedlicheres ausgesucht. Scrabble. Passt zu deinem inneren Wortakrobaten, Mr. MaineMan.“
Chris setzte sich in den großen Ledersessel und streckte die Beine aus, seine Wanderstiefel knirschten leicht auf dem Holzfußboden. „Na großartig. Mein Ruf hängt jetzt davon ab, ob ich Xylophon mit einem Triple-Word-Score legen kann.“ „Dann mach dich bereit, ich bin nämlich Scrabble-Weltmeisterin.“, entgegnete ihm Madison.
Chris lachte und zog seinen ersten Satz Steine. „Weißt du, ich hätte nicht gedacht, dass wir den Tag so verbringen würden. Aber irgendwie fühlt sich das hier gerade gut an.“
Madison hielt in ihrer Bewegung inne, ihre Finger an der Keksdose. „Das ist es auch, oder? Manchmal sind die einfachsten Dinge die besten. Keine großen Pläne, keine Erwartungen. Einfach nur… hier sein.“
Chris nickte, ein seltenes, echtes Lächeln auf seinen Lippen. „Das, und der Fakt, dass ich dich gleich mit einem Quokka schlagen werde. Doppelte Punkte für das Q.“
Madison schnappte empört nach Luft. „Ein Quokka? Du hast gegoogelt!“
„Nie im Leben, wir haben hier nicht mal Empfang“ erwiderte Chris, wobei er mit unschuldiger Miene die Thermoskanne öffnete. „Aber ich bin eben mehr als nur ein hübsches Gesicht.“
Das Lachen der beiden hallte durch die kleine Hütte, während draußen der Schnee weiter fiel und die Welt in ein noch stilleres Wintermärchen tauchte.
Madison schob ihre Scrabble-Steine zurecht und grinste herausfordernd. „Na schön, MaineMan, wenn du schon mit Quokkas kommst, dann solltest du dich auf eine Niederlage vorbereiten.“
Chris zog seine Wanderstiefel aus und ließ sich in den großen Ledersessel fallen. „Weltmeisterin, huh? Klingt, als wäre ich hier, um eine Legende zu stürzen.
Madison lachte und legte ihre ersten Buchstaben auf das Brett: „Pine.“ Sie warf ihm einen herausfordernden Blick zu. „Na, dann zeig mal, was du draufhast.“
Chris ordnete seine Steine und legte „Trail“ direkt an ihr Wort an. „Ein kleiner Pfad durch den Wald. Ich dachte, das passt hierher.“
„Oh, sehr poetisch,“ neckte Madison, während sie die Thermoskanne griff und heißen Punch einschenkte. Der süße Duft von Apfel und Zimt erfüllte den Raum, während draußen der Schnee lautlos weiterfiel und glitzerte.
„Weißt du, Madison,“ sagte Chris plötzlich, als er eine längere Pause machte, um seine Steine zu sortieren, „so ein Tag hier draußen – das sollte man öfter machen. Einfach mal alles hinter sich lassen und den Moment genießen.“
„Ja, es tut gut, mal nicht alles durchzuplanen. Keine Deadlines, keine To-Do-Listen. Einfach nur hier sein.“, erwiderte Madison leise.
Chris sah sie an, ein ehrliches Lächeln auf seinen Lippen. „Du hast recht. Und vielleicht schaffe ich es sogar, dich dabei zu schlagen.“
Madison zog die Ärmel ihres Pullovers über die Hände, während sie ihre Buchstaben auf dem Brett zurechtrückte. Sie wollte gerade eine schnippische Antwort geben, als ein plötzlicher Windstoß das Fenster erstarren ließ. Beide drehten sich instinktiv zur Seite, wo die dichten Schneeflocken nun in dicken Schwaden gegen die Scheiben peitschten.
„Was war das denn?“ Chris stand auf und ging zum Fenster, seine Stirn in Falten gelegt. Er legte die Hand gegen die Scheibe, als könne er so mehr sehen. „Das sieht nicht gut aus. War da nicht von leichtem Schnee die Rede für heute?“
Madison schob ihren Stuhl zurück und trat neben ihn. Ihr Blick fiel auf die schneebedeckten Bäume, die sich im Wind bogen, während der Schnee immer dichter wurde. „Das war zumindest die Wettervorhersage,“ sagte sie langsam. „Aber das hier? Das sieht aus wie…“
„…ein Schneesturm,“ vollendete Chris den Satz, seine Stimme ernster als zuvor.
„Ich schau mal nach. Vielleicht gibt’s ein Update…“ Sie hielt inne und stöhnte. „Natürlich. Kein Empfang.“ Chris drehte sich vom Fenster um, lehnte sich gegen die Wand und zog eine Augenbraue hoch. „Weißt du, Madison, das alles hier…“ Er machte eine weit ausholende Geste in Richtung des Fensters. „Das hast du doch so geplant, nur um mit mir hier festzusitzen, oder?“
Madison verdrehte die Augen und seufzte dramatisch. „Ja, genau Chris. Ich habe Frau Holle bestochen, damit wir in einer Hütte eingeschneit werden, mit genau null Empfang und genau einem kleinen Vorrat an Snacks.“
„Das dachte ich mir.“, lachte Chris, als hätte sie gerade seine Vermutung bestätigt. „Ich meine, wer sonst würde einen Ausflug in 'die abgelegenste Ecke von Maine' planen, direkt bevor der Schneesturm des Jahrhunderts losbricht?“
Madison verschränkte die Arme und musterte ihn. „Danke Chris, dass du glaubst, ich hätte so einen guten Draht nach oben.“ Sie schnappte sich ein Kissen vom Sofa und warf es auf ihn, aber Chris fing es grinsend auf.
„Hör zu, ich sage nur, dass das Timing verdächtig ist. Hier sind wir – eine kuschelige Hütte, ein prasselnder Kamin, romantische Schneesturmatmosphäre…“ Er machte eine Pause, als wolle er den Moment genießen. „Das schreit doch förmlich nach einer Netflix-RomCom. Fehlt nur noch, dass Lindsay Lohan gleich reinkommt, um uns zu retten.“
Madison prustet los. „Chris, woher weißt du, dass Lindsay Lohan in solchen Filmen mitspielt...?“
Chris grinste schelmisch und lehnte sich lässig gegen die Rückenlehne des Sofas. „Ich bin eben ein Mann mit vielen Facetten. Und emanzipiert genug, mir gelegentlich auch solche Filme anzusehen. Nur weil ich abenteuerlustig bin und über Wanderwege in Maine blogge, heißt das nicht, dass ich nicht auch eine Schwäche für Weihnachtsfilme habe.“
Madison schüttelte den Kopf, noch immer lachend. „Na klar, Chris. Der knallharte Outdoor-Typ, der heimlich für romantische Komödien schwärmt. Das heb ich mich für den passenden Moment auf, um es bei einem deiner Posts auf Instagram zu kommentieren.“
„Tu das nicht“, erwiderte er schnell, obwohl ein breites Lächeln seine Worte konterkarierte. „Das zerstört mein cooles 'MaineMan'-Image.“
Chris versuchte, ernst zu wirken, scheiterte aber kläglich. „Jeder braucht doch ein bisschen Romatik in seinem Leben. Aber eigentlich glaube ich eher, dass wir hier sind, damit du in real time für deinen nächsten Roman recherchieren kannst. 'Tatsächlich... Liebe' würde ich diese Geschichte allerdings nicht nennen, die gibt’s schon.“
Madison hob herausfordernd eine Augenbraue, während sie sich nach vorne lehnte. „Oh, also glaubst du, ich nutze meine Zeit hier nur, um Inspiration für eine Romanze zu sammeln? Vielleicht sollte ich deine Expertise in Sachen Weihnachtsfilme anzapfen, um dem Ganzen noch mehr Herzschmerz und Drama zu verleihen.“
Chris ließ sich nicht beirren und zwinkerte ihr zu. „Ich stehe zur Verfügung, falls du einen Berater für authentische männliche Charaktere brauchst. Natürlich gegen eine angemessene Gage – vielleicht in Form von Keksen?“
Madison lachte leise und schüttelte den Kopf. „Kekse? Wow, du verkaufst dich echt billig, Chris.“
„Hey, unterschätze nie die Macht von frisch gebackenen Keksen. Außerdem,“ fügte er hinzu und ließ seinen Blick kurz über sie schweifen, „ich bin ein einfacher Mann mit einfachen Bedürfnissen.“
Madison grinste breit und stützte ihr Kinn auf die Hand. „Du bist wirklich der wahrgewordene RomCom-Prinz und erfüllst einfach alle Klischees. Abenteuerlustig, gutaussehend, charmant und Single - mit einer geheimen Vorliebe für Weihnachtsfilme und – lass mich raten – du hast bestimmt auch eine Gitarre in der Ecke stehen, die du bei Lagerfeuern rausholst, um alle zu beeindrucken.“
Chris hob die Hände und grinste breit. „Schuldig im Sinne der Anklage. Aber nur, wenn das Publikum es zu schätzen weiß. By the way, ein bisschen Recherche in der Praxis würde deinem nächsten Bestseller sicher auch nicht schaden.“
Madison schaute Chris fragend an. „Aha, und was schlägt der große Romantikexperte jetzt vor?“ Chris beugte sich ohne ein weiteres Wort herunter zu Madison und küsste sie – einfach so, als wäre das die logischste Antwort auf ihre Frage.
Der Kuss war kurz – gerade lang genug, um sie völlig aus dem Konzept zu bringen. „Das, Madison, nenne ich praktische Recherche.“
Madison starrte ihn an, ihre Lippen noch immer leicht geöffnet, während ihre Gedanken versuchten, das Chaos in ihrem Kopf zu ordnen. „Praktische Recherche?“, wiederholte sie schließlich, ihre Stimme leicht flüsternd. „Das ist also deine Idee von Recherche?“
Chris grinste selbstzufrieden und ging ein Schritt zurück, als hätte er gerade die perfekte Pointe geliefert. „Nichts geht über echte Erfahrungen, um die Emotionen authentisch einzufangen. Schreib das ruhig in deinem Notizbuch auf.“
Madison brauchte einen Moment, um ihre Fassung wiederzufinden. Sie stand auf, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte Chris mit einem Blick, der irgendwo zwischen Verwunderung und Belustigung lag. „Du bist wirklich unglaublich, weißt du das?“
Chris zuckte lässig mit den Schultern. „Ich nenne es Hingabe an die Kunst und außerdem will ich dir nur dabei helfen, eine richtig gute Geschichte zu schreiben.“
Er warf einen Blick aus dem Fenster, wo der Schneesturm jetzt mit voller Kraft tobte. Die Flocken peitschten gegen die Scheiben, und das Holz der alten Hütte knarzte bedrohlich.
„Also, jetzt wo das Eis gebrochen ist…“ Er drehte sich zu Madison um, sein Gesicht von einem gewohnt schelmischen Grinsen erhellt. „Was machen wir die ganze Zeit, bis wir gerettet werden? Karten spielen? Schneeflocken zählen? Oder möchtest du lieber weiter 'recherchieren'?“
Chris ließ seinen Blick durch den Raum wandern und blieb schließlich an einem kleinen Regal hängen, das vollgestopft war mit alten VHS-Kassetten. Er deutete mit einem Kopfnicken darauf. „Da drüben, siehst du das? Der Schlüssel zu unserer Rettung.“
Chris marschierte zum Regal hinüber, zog eine der Kassetten heraus und hielt sie triumphierend hoch. „Ah, was haben wir denn hier?“ Er blies den Staub von der Hülle und drehte sie in den Händen. „'Speed' mit Keanu Reeves. Ein Klassiker! Die 90er sind doch gerade wieder voll angesagt, oder?“
Madison lehnte sich auf dem Sofa zurück und musterte ihn mit einem amüsierten Blick. „Natürlich würdest du einen Actionfilm aussuchen. Schließlich bist du ja auch ein Superheld.“
Chris grinste breit, während er die Kassette in der Hand drehte. „Genau das, Madison. Außerdem haben Keanu und ich eine Verbindung.“
Madison hob eine Augenbraue, ein spöttisches Lächeln auf den Lippen. „Oh, wirklich? Eine Verbindung? Lass mich raten, du hast auch mal eine Bombe in einem fahrenden Bus entschärft?“
Chris tat, als würde er nachdenken, während er die Kassette in den Videorekorder schob. „Nicht ganz, aber wir sind beide der Knaller.“ Chris musste über sich selbst lachen.
Madison schüttelte den Kopf und lachte leise. „Der Knaller? Wirklich, Chris? Deine Wortspiele werden mit jeder Minute schlechter.“
Er drehte sich zu ihr um, das Grinsen noch immer auf seinem Gesicht. „Warte ab, Madison. Der Film ist genauso explosiv wie meine Witze.“
Gerade als er sich zurücklehnen wollte, flackerte das Licht. Beide warfen gleichzeitig einen Blick zur Decke. Dann, ohne Vorwarnung, fiel die Hütte in totale Dunkelheit. Der Film stoppte, und die einzige Geräuschkulisse war das anhaltende Heulen des Windes draußen…